In den 1830er Jahren eröffnete Joseph Anton Zeiter am Fusse des Rhonegletschers ein Gasthaus mit etwa zwölf Betten. Die Hoteliersdynastie Seiler erweiterte diese Herberge ab den 1850er Jahren zum Hotel Glacier du Rhône und erwarb beträchtliche Teile des umliegenden Geländes, zu welchem auch Teile des Gletschers gehörten. Erstmals im Walliser Hotelbau erschien hier das Gestaltungselement des Mittelrisalits, und zwar zwischen zwei symmetrischen dreistöckigen und an der Längsseite mit fünf Fensterachsen versehenen Baukörpern, von denen jede spätestens 1861 bzw. 1870 erstellt waren. Der vortretende dreiachsige Mitteltrakt steht an der Stelle des alten Gasthauses. Das Hotel hatte seine Blütezeit während der Gründerzeit bzw. der Belle Epoque.
In der späteren Belle Epoque bot das Hotel samt Dépendance, dem Blauhaus, unter der Leitung von Joseph Seiler (1858-1929), 320 Gästebetten an, in den 1920er Jahren rund 200 und bis in die 1980er Jahre noch 150. Um 1882 entstand, etwa 500 Meter höher, und eine Stunde Kutschenfahrt Richtung Furkapass entfernt, an der Gletscherflanke neben der künstlichen Eisgrotte, mit Rundblick auf die Walliser und Berner Alpen, das Hotel Belvédčre, das in der Belle Epoque ebenso wie das Hotel Glacier du Rhône mehrere Male vergrössert wurde und in seiner Blütezeit 90 Reisende beherbergen konnte.
Gletsch war ‹Transitstation im Alpenverkehr›, ‹Touristentreffpunkt›, alpine ‹Karawanserei› sowie Pferdewechselstation im öffentlichen und privaten Pferdekutschenverkehr. Das Hotel Belvédčre wurde auch als ‹der vielleicht zeitweise grösste Gasthof der Schweiz› (Walliser Bote Nr. 67, 1938) bezeichnet und vor oder nach der Kutschenfahrt (oder Wanderung) über die Pässe, die das Wallis mit den Kantonen Bern und Uri verbinden, genutzt. Eine Fahrt talaufwärts von Brig her, und anschliessend über die Furka, beispielsweise nach Göschenen, wo seit 1882 die Gotthardbahn hielt, dauerte vor der Motorisierung des Strassenverkehrs rund zwölf Stunden (vgl. Karl Baedeker: Die Schweiz, 25. Auflage, Leipzig 1893, S. 110). In der entgegengesetzten Richtung etwa elf, und damit erheblich länger als eine angenehme touristische Tagesreise, was die Einnahme von Mahlzeiten bei mehreren Halten bedingte, sowie mindestens eine bernachtung auf der Strecke - bevorzugt an einem attraktiven Ort - nahelegte. Zur Bedeutung von Gletsch trugen die Verzweigungen der beiden Passstrassen bei, ebenso wie ein gastgewerbliches Angebot, das auch weitgehenden Ansprüchen (wie jenen des damaligen europäischen Hochadels) genügte, und ganz besonders die in den Reiseführern der Zeit gerühmte Nähe des Gletschers zu Hotel und Strasse: ‹Nirgends in der Schweiz man wie hier mit einem Wagen so nahe an den Rand eines chaotisch zerklüfteten, in seiner Farbwirkung herrlichen Gletschers fahren.› (Meyers Reisebücher, Schweiz, 20. Auflage, Leipzig und Wien 1908, S. 213.)
Nachdem Alexander Seiler der ältere (1819-1891) aus Blitzingen bereits in der ersten Hälfte der 1850er Jahre in Zermatt als Hotelier Fuss gefasst hatte, plädierte dessen Bruder Franz (1827-1865) in der Gemeindeversammlung vom 29. Dezember 1857 in Münster für die berlassung von Boden zwecks Ausbau der Zeiterschen Herberge am Fusse des Rhonegletschers. Am 22. Juni 1858 bestätigte der Walliser Staatsrat die Baupläne, die bis spätestens 1861 zur Ausführung gelangten und die bescheidene Herberge zuerst im Westen um einen grossen dreistöckigen Anbau erweiterten. Die Eröffnung der Passstrasse über die Furka in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre erhöhte die Zahl der Reisenden dermassen, dass sich eine zweite Vergrösserung des Haupthauses (von 40 auf 120 Betten) aufdrängte, wie sie wohl in den Jahren 1868 und 1869 erfolgte: auf Bildern des Jahrs 1870 erscheint ein gleicher Baukörper symmetrisch im Osten angefügt und an der Stelle der ursprünglichen Baute der 1830er Jahre ein Mittelrisalit.
Joseph Seiler beschloss 1892, ein Jahr nach dem Tode seines Vaters Alexander, sich Gletsch zu widmen. Der älteste der drei im Hotelgeschäft tätigen Brüder der zweiten Generation, war in der Zermatter Hotelwelt seiner Eltern, dem damals wohl grössten gastgewerblichen Unternehmen der Schweiz (vgl. z. B. Neue Zürcher Zeitung vom 24. Juni 1977), aufgewachsen und hatte sich in Rom und London fachlich fortgebildet. Er erweiterte die Hotelsiedlung während der Belle Epoque stetig, schuf mit bedeutenden Walliser Möbeln des 17. und 18. Jahrhunderts, deren Wert in der Region noch kaum erkannt wurde, und anderen Antiquitäten, insbesondere auch historischen Bildzeugnissen des Gletschers und der Gegend, teilweise nach englischen Kompositionsprinzipien ein aussergewöhnliches Hotelinterieur, das dem Geschmack seiner internationalen Klientel entsprach, und gab dem Betrieb insgesamt eine überragende Reputation.
Das Glacier du Rhône galt als ‹ausgezeichnet geleitetes› Hotel ‹in grossartiger Lage›. ‹In diesem bei höchst vornehmer internationaler Gesellschaft, die in ein-, zwei- und dreispännigen Wagen herbeiströmt, auch der Tourist Berücksichtigung›. (Karl Kinzel: Wie reist man in der Schweiz?, Schwerin 1913, S. 89).
In den 1920er Jahren waren die Ansprüche Reisender, die an der Passstrassenverzweigung Halt machten, teils höher als in jedem heutigen Schweizer Hotel: man wird ‹von Kellnern im Frack bedient, isst das Menu eines Grand Hotels und hat als Tischgenossen Gentlimen im Smoking und Ladies in tiefster Ausgeschnittenheit›. (Hans Schmid, in: St. Jodern-Kalender: Gletsch, Sitten 1928).
Da Joseph Seiler um die Bedeutung seines Hotels als Relais und Pferdewechselstation wusste, sah er den Bau der Brig-Furka-Disentis Bahn vor dem Ersten Weltkrieg nicht ohne Bedenken. Er stellte, im Gegenzug für die berlassung von Land für die Bahntrasse, die Forderung, die Züge zur Mittagszeit eine Stunde in Gletsch halten zu lassen, um die Passagiere zur Einnahme einer Mahlzeit zu bewegen. Die abendlichen Züge endeten in Gletsch, um die Anzahl der Übernachtungen zu erhöhen. So versuchte er der Bahn den Rhythmus einer Reise mit Pferdekutschen aufzuerlegen.